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„Jetzt konzentriere dich doch endlich einmal auf das was du gerade machst“, sagt, die offensichtlich schon etwas genervte, Michaela zu ihrem 7-jährigen Sohn Ben.
„Den Text sind wir schon 4 mal gemeinsam durchgegangen und du machst zum 4. mal den selben Fehler. „Was ist los mit dir“, fragt Franz seinen 9-jährigen Jonas mit einer etwas rötlichen Gesichtsfarbe.
„Kannst du denn nicht einmal ruhig sitzen bleiben, während wir essen“, möchte, der sichtlich frustrierte, Gerhard von seiner 6-jährigen Franziska wissen.
„Hast du nicht etwas vergessen“, fragt, der sichtlich amüsierte Stefan, seinen 8-jährigen Sohn Paul, der zum wiederholten Male seine Schultasche beim Verlassen des Hauses, in Richtung Schule, vergessen hat.
Kommen dir diese Fragen bekannt vor?
Mit diesen Fragen sprechen wir Verhaltensweisen und -muster an, welche dem exekutiven System zuzuordnen sind. Es sind geistige Fähigkeiten, die unser Denken und Handeln steuern. Der Steuermann, der Dirigent oder Regisseur in unserem Gehirn. Um situationsangepasstes Verhalten zu ermöglichen, steht das System auf 3 Säulen:
1. Arbeitsgedächtnis
2. Inhibition
3. Kognitive Flexibilität
1. Arbeitsgedächtnis
Hier können 5 – 7 verschiedene Informationen kurzfristig gespeichert werden. Informationen wie Zahlen, Formen, Wörter. Das Arbeitsgedächtnis trägt somit einen wichtigen Anteil für komplexe kognitive Fähigkeiten bei. Darunter fallen mathematische Aufgaben und die Sprache im Allgemeinen. Weiters hat das Arbeitsgedächtnis eine unterstützende Rolle bei Handlungsplanungen.
Einige Anwendungsmöglichkeiten für das Üben zu Hause:
» 7×6+4+9-2-3 = ? Mach für deine Kinder einen Wettkampf daraus!
» Stefan übt mit dem vergesslichem Paul für die nächste Ansage. Er packt 7 Wörter in einen Satz und liest diesen nur 1-mal vor.
» Deine liebevolle Frau bittet dich noch schnell was vom Supermarkt zu holen. „Schatz, kannst du bitte noch Milch besorgen. Und Butter brauchen wir auch noch. Ein frisches Brot wäre auch nicht schlecht. Hmmm, jetzt hab ich noch totale Lust auf Chips bekommen. Ach ja, die Kinder brauchen für die Schule morgen noch 2 karierte Hefte und verschiedenfarbige Trennblätter. Danke, hab dich lieb!“ Er: „Sicher mach ich. Kannst du bitte alles nochmal wiederholen?“
Auch für das Sporttraining finden sich viele Einsatzmöglichkeiten:
» Für das Aufwärmprogramm verknüpft der Trainer, die Trainerin Farben mit Bewegungen. Um gleich Kräftigung miteinzubauen wählte er/sie:
Blau = 3 Liegestütze
Gelb = 3 Kniebeugen
Grün = 3 Strecksprünge
Rot = 2 Burpees
Du kannst die Aufgaben mit beliebigen Ausdrücken verknüpfen. Du kannst auch Mischformen daraus machen. Mit Zahlen, Namen, Farben, Tierarten, etc. Hier sind deiner Fantasie keine Grenzen gesetzt.
» Du machst mit deinen SpielerInnen 5 verschiedene Übungen auf der Koordinationsleiter. Die Übungen werden von 1 – 5 nummeriert. Du stellst dich an das andere Ende der Leiter und hälst 3 Finger in die Höhe. Somit wissen die SpielerInnen, dass sie 2 Kontakte pro Feld machen müssen (sollten es wissen).
» Du baust ein Viereck mit Hütchen auf. Jede Ecke erhält eine Nummer. SpielerIn stellt sich in der Mitte auf. Du nennst ohne erkennbares Muster Nummern – SpielerIn muss so schnell wie möglich zum richtigen Hütchen und wieder zurück zum Ausgangspunkt. Mehrmals wiederholen.
2. Inhibition
Beschreibt die Fähigkeit zur Selbstkontrolle. Trotz bestehender Impulse ist man in der Lage, etwas nicht zu tun oder sich nicht ablenken zu lassen, um einem bestimmten Ziel nachzugehen und dieses mit einer höheren Wahrscheinlichkeit zu erreichen.
> Trotz eines starken inneren Verlangens, schafft es der 7-jährige Ben, den Fernseher nicht einzuschalten, da er die Hausaufgaben noch nicht erledigt hat.
> Die 6-jährige Franziska versteht es bereits ausgezeichnet, ihre Konflikte mit Worten auszutragen.
> Und noch zum Klassiker: Der Marshmallow-Test
Herrlich! Kinder werden alleine in einen Raum gesetzt. Vor ihnen liegt auf einem Teller ein Marshmallow. Eine Frau erklärt den Kindern, dass sie 2 Möglichkeiten haben:
1. Du kannst den Marshmallow sofort essen oder
2. Du wartest bis ich zurückkomme und bekommst einen Zweiten
https://www.youtube.com/watch?v=QX_oy9614HQ
Übungen können ganz einfach in den Schulsport integriert werden:
> UND ist entscheidend – LehrerIn läuft locker mit den SchülerInnen mit und gibt Bewegungkommandos (Hopserlauf, anfersen, Kniehub, stehen bleiben, etc.). SchülerInnen dürfen auf die Kommandos aber nur reagieren, wenn der/die LehrerIn das Kommando mit UND eingeleitet hat. Z.B. „UND anfersen“ – Bewegung ist zu machen; „Stehen bleiben!“ Wer bei dieser Vorgabe stoppt, muss eine kleine sportliche Zusatzaufgabe machen.
> Fangen – Köpfeln – LehrerIn stellt sich vor die Gruppe und hat einen Ball in der Hand. LehrerIn geht von SchülerIn zu SchülerIn und wirft den Ball aus ca. 1 m Entfernung zu. Während des Abwurfs kommt das Kommando: „Fangen!“ SchülerIn muss den Ball mit dem Kopf spielen und umgekehrt. Bitte mach dieses Spiel nicht mit einem Medizinball!
Diese Spiele eignen sich nicht nur für den Schulsport, sondern sind immer und überall einsetzbar. Sei es als Aufwärmübung zum Denken, als Spiel für Zwischendurch auf der Kindergeburtstagsfeier, oder als Aktivierungsspiel für das Klassenzimmer. Viel Spaß damit!
3. Kognitive Flexibilität
Sich auf neue Anforderungen schnell einstellen zu können. Verschiedene Blickwinkel auf Situationen und Personen zu haben. Die Fähigkeit besitzen, diese Blickwinkel auch zu verändern, um offen zu sein für die Meinung anderer, sich Fehler einzugestehen und auch daraus zu lernen, um so flexibler und schneller auf neue Herausforderungen und Aufgabenstellungen reagieren zu können.
⇒ Der fleißige Stefan hat für seinen Paul einen Zettel vorbereitet. Darauf findet Paul ganz viele Farbwörter, die in verschiedenen Farben geschrieben wurden. Seine Aufgabe besteht darin, die Farbwörter laut vorzulesen, aber in der Farbe in der sie geschrieben wurden. Beispiel: Blau
Zum Abschluss noch eine Idee aus der Welt des Sports:
⇒ Stefan, das bin nämlich ich, hat dieses Spiel Material Run genannt. SpielerInnen bewegen sich locker laufend durch einen vorgegebenen Raum. ÜbungsleiterIn benennt verschiedene Materialien, welche die Kinder so schnell wie möglich berühren müssen. Beispiel: „Holz!“ Ich glaube, es kennt sich jeder aus. Müssen nicht nur Materialien sein. Farben, Pflanzen, Spezielles, etc. können jederzeit eingebaut werden. Auch mehrere Kommandos auf einmal sind möglich – siehe Arbeitsgedächtnis. Viel Spaß damit!
Beschreibung
Die Spieler laufen kreuz und quer durch die Halle.
Von Zeit zu Zeit ruft der Lehrer ein bestimmtes Trainingsutensil (gelbes Trichter-Hütchen, rotes Flachhütchen, grünes Eckhütchen, blauer Ring,…) welches so schnell wie möglich berührt werden muss. Im Anschluss wird wieder weitergelaufen.
Hauptkoordinationsfähigkeit: Orientierung + Reaktion
Ort/Aufbau
In der Halle
Im Freien
Spielfeldgröße: ganze Turnhalle
Variationen
» mit verschiedenen Signalen oder Materialien arbeiten:
z.B. Material (Holz, Metall, Leder, Glas…) Pfiff → Holz; linker Arm in die Höhe → Metall; rote Markierung → Leder; usw.
» Spieler laufen mit einem Ball am Fuß, prellend, hochwerfend,…kommt das Signal, wird der Ball an Ort und Stelle liegengelassen, das geforderte Material berührt und wieder zurück zum eigenen Ball gelaufen
» Tempowechsel einplanen
» Lauf ABC als Laufstil anleiten
» als Partnerübung:
im Team → einer übernimmt die Materialauswahl → Selbstbestimmung
Tipps & Tricks
» Konzentration und Fairness einfordern
» Spieler geben immer aufeinander Acht
» darauf achten, dass immer die richtigen Materialien berührt werden
» kurze Pausen einlegen
» mit verschiedenen Signalen arbeiten, um das Arbeitsgedächtnis zu aktivieren
Material
» optional: Pfeife, Hütchen (können für visuelle Reize genommen werden)